Mehrere Minister*innen betreiben den Ausstieg aus der „Istanbul-Konvention“,
durch die Frauen und Mädchen geschützt werden
Pressemitteilung des Regenbogenforums vom 30.07.2020
Nach der PiS-Arbeitsministerin Marlena Malag kündigt nun auch Polens Justizminister Zbigniew Ziobro den Rückzug seines Landes aus der „Istanbul-Konvention“ an. Sein Argument: „Du brauchst keine Konvention, um zu wissen, dass du keine Frauen schlägst. Du kannst einfach das Evangelium lesen.“(queer.de v. 27. Juli 20)
In Artikel 1 der „Istanbuler Konvention“ heißt es „Zweck dieses Übereinkommens ist es, einen Beitrag zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau zu leisten und eine echte Gleichstellung von Frauen und Männern, auch durch die Stärkung der Rechte der Frauen, zu fördern;“ und weiter in Artikel 1(e): „Organisationen und Strafverfolgungsbehörden zu helfen und sie zu unterstützen, um wirksam mit dem Ziel zusammenzuarbeiten, einen umfassenden Ansatz für die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt anzunehmen.“
Das Regenbogenforum ist besorgt über die Entwicklung in Polen. Im Frühjahr wurden bereits die Regeln für Schwangerschaftsabbrüche massiv verschärft. Zudem ist das Klima für LSBTTIQ-Personen sehr bedenklich. Der Menschenrechtsaktivist Bart Staszewski sagte in einem Interview bei ze.tt, einem Onlinemagazin des Zeitverlags, am 15. Juli 20: „Wenn gleichgeschlechtliche Paare in Polen in der Öffentlichkeit Händchen halten, ist das unglaublich mutig“ und „Wir sind Zielscheiben“ – so empfinden queere Menschen die Wiederwahl Dudas in Polen. Nun sollen ein weiteres Mal Rechte eingeschränkt werden, das Selbstbestimmungsrecht von Frauen.
Als Zusammenschluss christlicher Gruppen wehren wir uns dagegen, dass das Evangelium gegen die einklagbare Forderung nach der Unversehrtheit von Frauen und Mädchen ausgespielt wird. Wir gründen unsere Vorstellung von individuellen Rechten und dem Zusammenleben der Geschlechter auf einer zeitgemäßen Auslegung der Evangelien. Der Verweis auf die Bibel ist unseres Erachtens vor allem ein Vorwand, um ein konservatives Welt- und Menschenbild zu zementieren. Ein populistischer Verweis auf das Evangelium, mit dem bestimmte Wählerschichten angesprochen werden, soll allen kritischen Stimmen den Wind aus den Segeln nehmen.
Nach der Austritts-Ankündigung hat es größere Proteste gegeben, als der Justizminister erwartet hat. Aber dass die Regierung den angekündigten Rückzug mittlerweile relativiert, sollte uns nicht allzu sehr beruhigen. Dass das Frauenschutzabkommen überhaupt u.a. mit der Behauptung, es handele sich um die „feministische Schöpfung zur Rechtfertigung der homosexuellen Ideologie“ (queer.de v. 27. Juli 20) gekündigt werden sollte, zeigt, wes Geistes Kind die polnischen Machthaber sind. Oft genug wurde in solchen Fällen nur gewartet, bis sich die Wogen geglättet haben, um ein Vorhaben doch noch durchzusetzen. Es gibt allen Grund, wachsam zu sein!
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