Auszeichnung der HuK mit dem Herbert-Haag-Preis 2020

Der Herbert Haag Preis 2020 stellt die konstruktive Auseinandersetzung mit sexueller Vielfalt ins Zentrum. Den Preis erhalten Menschen, die sich allen Widrigkeiten zum Trotz zu ihrer gleichgeschlechtlichen Orientierung bekennen bzw. Christinnen und Christen auffordern, dies zu akzeptieren. Die Stiftung setzt sich dafür ein, dass alle aufgrund ihrer Menschenwürde voll am gesellschaftlichen und kirchlichen Leben teilnehmen können.

 

Wir glauben, dass Gott die Menschen vielfältiger geschaffen hat, als viele sich vorstellen können. Und wir sind überzeugt, dass es den Kirchen schlecht ansteht, Gottes schöpferische Liebe einzugrenzen. Die Sexualität ist wie das Leben selbst ein Geschenk des Himmels. Solidarität und nicht Diskriminierung ist darum Christenpflicht.

Mit je 10’000 Schweizerfranken ausgezeichnet werden die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche, die evangelisch-lutherische Pfarrerin Hedwig Porsch aus Coburg, der lutherischer Theologe Ondrej Prostredník aus Bratislava und der Schweizer Autor und spirituelle Begleiter Pierre Stutz.

Die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) wurde 1977 auf dem Evangelischen Kirchentag in Berlin gegründet und ist inzwischen auch auf den katholischen Kirchentagen präsent. Sie setzt sich mit dem Konfliktfeld Homosexualität in Kirche und Religion fundiert auseinander und hat dazu schon viele Grundlagenarbeiten verfasst sowie Aktionen und Stellungnahmen in der Öffentlichkeit lanciert. Ihre überkonfessionelle Arbeit wird vor allem in Arbeitsgruppen und in den regelmässigen Frühjahrs- und Herbstagungen vertieft. In der Präambel ihrer Satzung steht: «Wir verstehen homo-, bi- und heterosexuelles Empfinden und Verhalten als gleichwertige Ausprägung der einen menschlichen Sexualität. Auch verschiedene geschlechtliche Identitäten wie die von trans- und intergeschlechtlichen Menschen und Varianten der Geschlechtsentwicklung nehmen wir als Bereicherung wahr.»

Dr. Hedwig Porsch (geb. 1969) studierte katholische Theologie und war sechs Jahre als Pastoralreferentin in der Diözese Würzburg tätig. 2002 kündigte sie ihr Dienstverhältnis und promovierte zum Thema «Gleichgeschlechtliche PartnerInnenschaft im Diskurs» an der Fakultät für katholische Theologie in Bamberg. In dieser Zeit arbeitete sie mit Zeitverträgen als Gymnasiallehrerin für Katholische Religionslehre in Nürnberg und engagierte sich im Queergottesdienst Nürnberg, auf Kirchentagen, mit Vorträgen und Veranstaltungen für die Anerkennung von homosexuellen Menschen in der katholischen und evangelischen Kirche. Nachdem sie in der katholischen Kirche deutschlandweit keine Festanstellung mehr fand und diese zur Bedingung gehabt hätte, ihre gleichgeschlechtliche Partnerschaft zu verheimlichen, wechselte sie zunächst als Bildungsreferentin in die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern. In diese trat sie 2014 über und wurde 2015 zur Pfarrerin ordiniert. Seitdem wirkt sie als Pfarrerin der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Heiligkreuz im oberfränkischen Coburg. – Hedwig Porsch ist verheiratet mit Sylvia Gebhart.

Dr. Ondrej Prostredník (geb. 1963) durchlief die Ausbildung zum lutherischen Theologen in Bratislava, Leipzig und Philadelphia (USA) und war zunächst als Gemeindepfarrer in Pliešovce und Nitra (Slowakei) tätig, dann beim Lutherischen Weltbund in Genf und von 2002 bis 2007 Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen in der Slowakei. Seine Habilitation verfasste er über „Die Kirche als charismatische Gemeinschaft nach 1 Kor 12»; von 1999 bis 2018 hatte er den Lehrstuhl für Neues Testament an der Evangelisch-theologischen Fakultät der Comenius Universität in Bratislava inne und legte seinen Schwerpunkt auf die ethischen Aspekte des Neuen Testamentes sowie auf die Ökumene und den interreligiösen Dialog. Zusammen mit anderen Theologen kritisierte er 2015 die Kirchen der Slowakei wegen ihrer religiösen Intoleranz und Gegnerschaft gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender (LGBT) und gegen gleichgeschlechtliche Ehen. Aus diesem Grund entzog ihm die lutherische Kirchenführung seine Lehrerlaubnis, und infolgedessen erneuerte die Universität seinen Arbeitsvertrag 2018 nicht mehr. Seither wirkt er als Missionsmitarbeiter der Evangelischen Kirchgemeinde Bratislava Altstadt und engagiert sich nach wie vor beim Thema Homosexualität und Kirchen. – Ondrej Prostrednik ist verheiratet und hat mit seiner Frau Edita drei Kinder.

Pierre Stutz (geb. 1953) ist Theologe und Autor vieler erfolgreicher Bücher. Er lebt heute mit seinem Partner in Osnabrück. Nach Tätigkeiten als Jugendseelsorger und Dozent am Katechetischen Institut in Luzern legte er 2002 sein Priesteramt in der Diözese Basel nieder und wirkt seither als weitherum bekannter spiritueller Begleiter. Zuerst gestaltete er die Abbaye de Fontaine-André bei Neuchâtel/CH als «offenes Kloster», seither hält er im ganzen deutschen Sprachraum Vorträge und Meditationskurse. Er plädiert für eine lebensbejahende Religiosität und eine erotische Spiritualität und stellt mit der Versöhnung von Sexualität und Spiritualität die Homosexualität in den grösseren Rahmen der gegenwärtigen Debatten um eine Korrektur und Erneuerung der kirchlichen Sexualethik («Deine Küsse verzaubern mich. Liebe und Leidenschaft als spirituelle Quellen», Freiburg/Br. 2015). – Pierre Stutz ist verheiratet mit Harald Weß.

Die Leibfeindlichkeit der Kirchen hat den Menschen seit Jahrhunderten unendlich viel seelisches Leid zufügt. Dies kann kein Preis aufwiegen. Die Preisverleihung wird jedoch Hoffnung stiften und viele ermutigen, sich ohne Abstriche für Kirchen einzusetzen, die die menschliche Liebe in all ihren Formen hochachtet.

Die Preisverleihung findet am Sonntag, 29. März 2020 um 15.30 Uhr im Hotel Schweizerhof in Luzern statt (7 Minuten vom HB Luzern). Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht nötig.

Im Kontext der Preisverleihung findet am Montag, 30. März 2020 von 14 bis 17 Uhr im Romerohaus in Luzern ein Dialog des Forums für eine offene Katholizität statt
(www.fokdialoge.org).